GM Thorsten Michael Haub - Der späte Großmeister

Anläßlich des bevorstehenden Herforder Sparkassen Open am nächsten Wochenende hat GM Thorsten Michael Haub Zeit für Schach.com´s Fragen. Der 51jährige Großmeister Thorsten Michael Haub trägt erst seit September 2015 den Titel des Großmeisters. Er errang im Jahre 2006 den Titel des Deutschen Blitzschachmannschaftsmeisters mit der SVG Plettenberg. Im letzten Jahr belegte er den dritten Platz beim Herforder Sparkassen Open 2018.

Herr Haub, mit Ende vierzig ist die Karriere bei den meisten Top-Schachspielern zu Ende. Sie erarbeiten sich in diesem Alter noch den Titel als Großmeister. Wie das?

Grundsätzlich habe ich mich spät entwickelt. Das liegt unter anderem daran, dass in meinem ersten Verein niemand eine Beziehung zu Opens hatte, mein erstes Schnellschach-Open spielte ich mit knapp 16, mein erstes Langpartien Open mit knapp 21.

 Da es meist auch noch einen Spieler gab, der vor mir bei Jugendbezirksmeisterschaften landete, war ich relativ oft ausgebremst.

 So bekam ich auch erst spät eine internationale Wertungszahl, die aufgrund meiner gesteigerten Spielstärke dann natürlich so hoch war, dass ich nicht weit vom Titel eines FIDE Meisters (FM) entfernt war. FM war ich dann seit Januar 2014, Internationaler Meister (IM) seit Juli 1997. Sowohl bzgl. des IM-als auch des Großmeistertitels (GM) bedurfte es der ersten Norm, um mir jeweils zu zeigen, dass da noch mehr drin war. Meine erste GM-Norm machte ich im Frühjahr 2009, meine zweite Ende 2009. Dass ich danach viele Wertungspunkte verlor und die letzte Norm erst im Frühjahr 2015 klappte, war auch der Tatsache geschuldet, dass ich zu lange gearbeitet hatte, was zusammen mit Leistungsschach irgendwann körperlich nicht mehr ging. Letztendlich wurde mir der GM-Titel beim Kongress des Weltschachbundes FIDE im September 2015 verliehen.

Wie verbessert man sich im Schach? Trainieren Sie regelmäßig?

Vlastimil Hort sagte mal zu mir: "Herr Haub, sie sind ein guter Pragmatiker, auch ohne Theorie." Mit anderen Worten: Ein großer Trainingsmeister war ich nie, ich habe mir meine Kenntnisse hauptsächlich durch meine praktischen Erfahrungen aufgebaut, Literatur - hauptsächlich Eröffnungsliteratur - kam nur unterstützend hinzu.

Aber Berufsspieler sind Sie nicht?

Irgendwann ging Schach und Beruf einfach nicht mehr. Bis zu meinem Ausscheiden aus dem klassischen Arbeitsmarkt war ich knapp zehn Jahre in einer Fräsfabrik angestellt und saß den ganzen Tag, um mit einem Luftschleifer, der (auch von der Geräuschkulisse her) an den Zahnarzt erinnert, Werkzeuge zu bearbeiten. Eine ziemlich pingelige Arbeit, die die Konzentration beanspruchte. Ab Sommer 2012 war ich nach der Arbeit regelmäßig k.o., meine Schachergebnisse gingen da auch eindeutig nach unten.

Ich entschloss mich Anfang 2013 meine Arbeit zu beenden. Ich war auf diesen Moment vorbereitet und hatte frühzeitig begonnen, vorzusorgen (auch für eine Privatrente), so dass ich nicht vor jedem Turnier um meine finanzielle Zukunft zittern muss.

Wenn man in die Wertungszahlen Datenbank beim Deutschen Schachbund schaut stellt man fest dass Sie weit mehr Ligaspiele in Belgien und Luxemburg spielen als in Deutschland. Sie spielen regelmäßig offene Turniere in Dänemark und Frankreich …

Mein erster Verein ist nach wie vor in Deutschland, hier spiele ich regelmäßig, dann folgen Belgien und Luxemburg. Ab einem gewissen Niveau ist es normal, für mehrere Vereine zu spielen, was im Vergleich zu Turnieren die sicherere Variante für ein Einkommen ist.

Warum ich abgesehen von einigen Schnellturnieren fast nie (Langpartien-) Opens in Deutschland spiele, hat einen einfachen Grund: Die meisten deutschen Organisatoren halten es für selbstverständlich, dass Titelträger Unterkunft und Verpflegung selbst bezahlen. In einigen anderen Ländern, u.a. Frankreich und Dänemark ist das anders. Ich sehe keinen Sinn darin, deutliche teurere deutsche Turniere zu spielen. Natürlich ist es für die Fahrkosten wichtig, ein Gefährt mit einem niedrigen Verbrauch zu haben, ein Auto ist per se auch wichtig, um bezgl. Unterkunft bei möglichen Einladungen flexibel zu sein.

Für dieses Turnier sind Sie wieder viele Hundert Kilometer unterwegs, Sie leben in Siegen. Und es geht nicht in Ausland. Was spricht für das Herforder Sparkassen Open?

Das Herforder Sparkassen Open ist insgesamt für mich sehr preiswert, so viel verbrauche ich bei ca. 400 km auch nicht. Zusammen mit den ausgelobten Preisen ist es für mich ein attraktives Turnier, weshalb ich immer wieder gerne komme.

a.f.
a.f.