Stefan Meyer-Kahlen
im Interview mit schach.com
Mainz, 29.6.2001


Mit Stefan Meyer-Kahlen (SMK), dem Autor von Shredder und Pocket Fritz sprach Axel Fritz (SC) am Rande der Mainzer Chess Classics.

SC: Es wurde viel spekuliert über die Hintergründe des Wechsels zu ChessBase. Was waren die Gründe?
SMK: Ich bin seit 4-5 Jahren im Geschäft und habe immer Kontakt zu ChessBase gehabt. Ich kenne sie alle von vielen Turnieren. Es ist ein gute Firma. Bei meiner alten Firma Millennium hatte ich eine gute Zeit, aber ich hatte das Gefühl, es wäre Zeit für einen Wechsel. Chessbase ist eine Computerschachfirma. Bei Millenium ist es nebenbei Computerschach. Ich hatte von Chessbase ein gutes Angebot bekommen und ich dachte, das probiere ich mal aus.

SC: Lange Zeit gab es Querelen um Shredder und die SSDF-Rangliste. Sind diese mit dem Wechsel ins Hause ChessBase nun ausgestanden?
SMK: Ich hatte eigentlich nie große Probleme mit der SSDF-Rangliste. Die SSDF hatte einige Probleme mit meinem ehemaligen Distributor. Es ist sicher keine perfekte Rangliste, sie ist ganz ok. Sie ist sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluß, um herauszufinden, was das Beste ist. Aber meinetwegen kann Shredder da mitspielen. Seit zwei Jahren haben sie die Erlaubnis, daß Shredder teilnimmt. Aber sie wollten nicht mehr, es gibt noch irgendwelche Rechnungen mit Herrn Weiner, auch noch vor meiner Zeit. Sie haben angekündigt, daß Shredder 5.32 in der Liste erscheinen wird. Ich habe da keinen Einfluß darauf.

SC: Für das Ende des Jahres haben Sie Shredder 6 angekündigt. Was wird besser?
SMK: Alles wird besser. (lacht) Jetzt gibt es Shredder 5.32 nur mit der Chesbase Oberfläche. Shredder 6 wird mit meiner eigenen, aber auch mit der Chessbase-Oberfläche kommen: eine Engine mit zwei Oberflächen. Was besser wird: die Spielstärke natürlich - hoffe ich (und lacht wieder), und die Funktionen: Die Datenbankfunktionen unter der eigenen Oberfläche. Die genauen Details muß ich mit Chessbase noch besprechen. Ziel ist, daß sich die Oberflächen noch unterscheiden. Ich will nicht die Funktionen nachprogrammieren, die Fritz hat und Fritz soll nicht nachprogrammieren, welche ich habe. Beide sollen sich unterscheiden. Fritz eher in Richtung Datenbanken, Shredder in Richtung Tablebases, daß man Endspieldatenbanken gezielt befragen kann. Das ist aber alles noch nicht ganz klar. Im Moment arbeite ich noch am PocketFritz, der sehr bald fertig ist. Dann kommt die WM, und dann die Oberfläche...
SC: Es wird weniger eine Vereinigungsversion mit Fritz, als eine weitere Ausdifferenzierung ....
SMK: Ja, genau. Das ist für dieses Jahr geplant. Was im nächsten Jahr ist, ist noch nicht abgesprochen. Ich habe jetzt den Vertrag für Shredder 6 mit beiden Versionen. Wir haben ausgemacht, daß die beiden sich unterscheiden. Das macht ja auch Sinn. Jeder soll für seinen Geschmack aussuchen können, was er schöner findet und was ihm nützt.
SC: Wird man eine Fritzengine in Shredder einbauen?
SMK: Das wurde ich schon oft gefragt. Das ist noch nicht endschieden. Wahrscheinlich nicht. Wir haben noch nicht darüber gesprochen.

SC: Wenn man einige Mal schon Schachweltmeister mit seinem Programm war, was reizt einen weiterzumachen?
SMK: (Lacht). Es gibt ja jedes Jahr eine Weltmeisterschaft. Die nächste ist im August. Es macht mir Spaß. Ich habe viel Arbeit. Ich kann das machen, was ich tue. Ich arbeite zu Hause. Ich mache das ganz gut, was ich da mache. Den Wettkampf liebe ich auch. Die ganzen Computerprogramme sind u.a. auch so gut, weil es so viel Gute gibt. Jeder motiviert den anderen. Frans Morsch macht einen neue Version, die besser ist als Shredder, ich setzt mich hin und bin besser als Fritz. Und Morsch setzt sich hin ...
SC: ... der Wettkampfgedanke ....
SMK: Klar, bei mir zumindest. Und ich bin sicher, auch bei Frans Morsch ist es genauso.
SC: Sie machen das nun einige Jahre, wieviele sind es jetzt?
SMK : Im Studium bin ich angefangen, vor 9-10 Jahren. Ich bin auf Turniere gefahren und bin 1996 zum ersten Mal Weltmeister geworden. Ich habe ein Angebot bekommen. Seitdem verkaufe ich das dann.
SC: Auch nach soviel Jahren macht das immernoch Spaß ...
SMK: Na klar. Was ich nicht könnte, ist nur eine Engine zu machen. Frans Morsch arbeitet nur an der Engine. Das wäre mir zu langweilig. Jetzt habe ich z.B. vier Monate lang Pocket Fritz gemacht. Auch die Grafik neu gelernt zu programmieren für Windows CE-Rechner, die Datenbankfunktionen habe ich selber programmiert und die Engine. Wenn ich ein Jahr lang nur Engine machen würde, würde es wohl doch langweilig werden.

SC: Bei den letztjährigen Frankfurter Classics spielte Fritz on Primergy 5:5 gegen die weltbesten Spieler mit Ausnahme des Weltranglistenersten. Wie wird das Match in diesem Jahr?
SMK: Ein 2-2 wäre schon super. Aber da rechne ich eigentlich nicht mit. Es ist schon sehr klein, das Teil. Ich rechne mit dem Schlimmsten, dann kann es nur besser werden. Was ich nur nicht will, ist nach 20 Zügen wie so ein Idiot verlieren. Wenn es schöne Partien sind, bei denen Shredder auch Chancen hat zwischendurch, dann ist auch ein 0-4 ok. Aber ein halber Punkt wäre super.

SC: Gute Schachprogramme wie Shredder, Fritz, Junior oder ChessTiger liegen von der Spielstärke her dicht beieinander. Wenn wir an die BrainGames-Qualifikaion denken, wo Junior 5-0 in Führung ging, aber Fritz den Vorsprung egalisierte, zeigt sich eigentlich, daß es sehr viele Partien braucht, um einen Leistungsunterschied festzumachen. Sicherlich gibt es in der Spielanlage z.T. auch für Laien erkennbare große Unterschiede. Worin liegen die Unterschiede aus der Sicht eines Programmierers?
SMK
: In der Spielanlage. Jedes Programm hat seinen Stil, den es pflegt. Das geht automatisch, das kommt von den Vorlieben des Programmierers. Von den Algorithmen, die man verwendet - das ist dann unbewußt. Von der Spielstärke sind dann alle gleich, es gibt Unterschiede, aber da liegen keine Klassen zwischen. Die liegen so dicht beieinander, daß man Hunderte von Partien braucht, um zu sagen, der ist besser. Das ist ein großes Problem. Wenn ich eine neue Version entwickele, die vielleicht 10 ELO-Punkte besser ist, muß ich mich da sehr auf mein Gefühl verlassen. Es ist unmöglich für mich zu sagen, diese Version ist besser, das ist meine neue Top-Version - da brauche ich ein Jahr dafür, um das herauszufinden.

SC: Wie beurteilen Sie die Entwicklungsstufen im Vergleich zur vorhergehenden? Sie sagen, das sind viele Punkte, die viel Veränderungen ausmachen ...
SMK: Ich habe Taktiktests, von denen ich glaube, daß sie repräsentativ sind und vergleiche die Suchen miteinander. Ich vergleiche die Ergebnisse. Aber der eine hat 12, der andere 13 Stellungen gelöst, das bringt es nicht. Man muß schon sehen, wie schnell die Aufgaben gelöst wurden, welche Rechentiefen erreicht wurden, wie schnell sie eine bestimmt Tiefe erreichen. Das ist gar nicht so einfach, aber ich glaube, da habe ich mittlerweile ein ganz gutes Gefühl für. Und auch die Erfahrung, die sagt einem dann auch, das war gut, das war schlecht. Manche Dinge baue ich einfach ein. Z.B. Shredder macht einen saublöden Zug, dann sage ich ihm, so etwas darf nie wieder passieren, auch wenn es selten vorkommt. Im Prinzip ist es sehr viel testen, aber auch Erfahrung und Gefühl.
SC: Das sind eher taktische Test....
SKM: Wenn ich an positionellen Tests arbeite, habe ich meist Stellungen, so z.B. bei Shredder 6 ist die große Änderung Königssicherheit. Ein bißchen habe ich schon angefangen bei PocketFritz. Ich finde bei Rechnern mit 2600, 2700 ELO darf es nicht sein, daß die sich wie Idioten in 2 Zügen mattsetzen lassen. Ich habe durch meine Tester Stellungen gesammelt, wo Shredder nicht durchblickt, gar nichts sieht. Die gucke ich mir an, versuche Muster zu erkennen. Z.B. die h-Line wird gleich geöffnet oder so. Und das versuche ich abzustellen.
SC: Und da gibt es mehrere Tester?
SMK: Ich habe ein paar. Mein Eröffnungbuchautor Sandro Necchi, mit dem arbeite ich sehr eng zusammen, mit Chessbase und Peter Schreiner arbeite ich und mit ein paar andern unregelmäßig.
SC: Auch mit großmeisterlicher Hilfe?
SMK: Nein, habe ich noch nicht. Da hoffe ich auf Chessbase, daß da jetzt vielleicht etwas kommt. Das Problem bei Großmeistern: Es muß schon ein Großmeister sein, der weiß, worum es geht und das auch formulieren können. Oft ist es so: Großmeister wissen selber nicht, warum ein Zug gut ist. Das hatte ich auch schon oft: Ich unterhalte mich mit einem Großmeister "Der Zug ist schlecht." "Warum?" "Ja, weiß ich nicht." "Warum ist der andere Zug gut." " Ja, weiß ich nicht". Das kann mir meine kleine Schwester auch sagen. Sie müssen schon wissen, was sie mir sagen wollen und ich muß da gute Fragen stellen.
SC: ... sie müssen schon selbst ein verbalisiertes, gutes Theoriegebäude haben ...
SMK: Klar, im Prinzip schon. Aber nicht nur das. Sie müssen schon erkennen, daß Computer anders Schach spielen als Menschen. Großmeister sagen, daß muß der doch wissen. Aber viele Dinge muß der nicht wissen, die kann er einfach ausrechnen. Im Prinzip sind Schachcomputer saudumm, aber unglaublich schnell. Wenn man sie versucht klug zu machen und langsam wie Menschen - das klappt dann einfach nicht.

SC: Das ist ja das Problem der besten Zugselektion. Ein Großmeister selektiert wenige Züge und konzentriert sich auf ....
SMK: ... ja genau. die Selektion und die Bewertung der Züge. Der Großmeister sagt sofort, in der Stellung kommt der und der Zug. Alle anderen muß ich nicht angucken. Und er guckt sie wirklich nicht an. Der Schachcomputer guckt alles an.
SC: Ist es tatsächlich so, daß der Computer heute noch alle Züge anschauen?
SMK: Nein, nicht alle, aber im Endeffekt. Für menschliche Verhältnisse alle, aber für die Computerwelt nicht alle. Und unterschiedlich tief auch. Nicht alle bis zehn. Das stimmt nicht. Manche 2, manche 10, manche 30. 100.000 in der Sekunde, 180 Sekunden bei 3 Minuten pro Zug ... Das sind natürlich viele Stellungen. Alle fast.
SC: ... die werde ich in meinen Leben vermutlich nicht rechnen ...
SMK: Ja, genau.

SC: Welchen Anteil hat die Selektionsleistung als Schlüssel zum erfolgreichen Schachprogramm, welchen Anteil hat die Rechenkraft? Kann man das irgendwie ausdrücken?
SMK: Nein, kann man nicht. Das spielt auch ineinander. Z.B. kann man verschiedene komplizierte Selektionsmechanismen nur machen, wenn man genügen Rechenkraft hat. Die Rechenkraft ist schon dominierend.

SC: Wohin gehen die Entwicklungen in der Schachprogrammierung? Welche Rolle spielen neue Ansätze wie Fuzzy-Logik oder auch im Selektionsbereich das eine oder anderere?
SMK: In den letzten Jahren ist es ja schon so, daß die Programme eigentlich gut genug sind und nicht mehr so viel Features drum herum gestrickt werden müssen. Oder jetzt neue Wege, wie mit dem Pocket-Fritz zum Beispiel. Der ist gut genug für einen normalen Spieler zum analysieren und spielen. Man muß jetzt neue Möglichkeiten finden, was man mit den Programmen macht.
In der Bewertung werden auch neue Tendenzen liegen. "Ich hab hier einen Doppelbauern - du hast einen isolierten Bauern. Welcher ist besser oder schlechter?" Sogar Fritz, der einer der brutalsten Rechner von allen ist - Fritz ist sehr gut. Er ist halt sehr schnell. Etwa viermal so schnell wie Shredder, weil er halt schneller rechnet, mehr rechnet. Die neue Version, die jetzt kommen wird, wird auch langsamer werden. Die Rechengeschwindigkeit ist zu hoch, die können nicht mehr bewerten und selektieren.
SC: ... also langsamer rechen, mehr selektieren
SMK: Selektieren kostet ja Rechenzeit. In der Zeit, wo ich bewerte, kann ich nicht selektieren.

SC: In der DWZ Datenbank haben Sie eine Spielstärke von knapp unter 2000 Punkten ....
SMK: Haben Sie nachgeguckt?
SC: Ja, Sie spielen gar nicht mehr viel. 2-3 Partien im Jahr.
SMK: Nicht mal. Mannschaftskämpfe habe ich ab zu noch einmal gespielt. Früher bis 18, 19 habe ich viel gespielt, Turniere, Theorie gelernt. Im Studium bin ich nach Passau gegangen, bin zu den Mannschaftskämpfen noch gekommen. Aber 600, 700 Kilometer zu fahren waren ein tierischer Akt. Das macht man dann ein, zwei Jahre, dann ist das vorbei. Jetzt spiele ich Blitzschach, ab und zu. Aber interessant ist: Meine Spielstärke ist praktisch deutlich schlechter als früher. Ich sehe taktisch weniger. Aber ich bilde mir ein, mehr vom Schach zu verstehen. Ich weiß mehr über Pläne, kann Stellungen besser einschätzen. Beim Blitzen stehe ich ganz gut. Aber irgendwann stelle ich einen Läufer ein. Richtig saublöd, einzügig. Ich erkläre das damit, daß mein Programm für mich rechnet. Ich gucke mir die Hauptvariante an. Er macht das taktische und ich versuche das dann strategisch zu bewerten.
SC: Sie programmieren einen Rechner mit einer geschätzten Spielstärke von etwa 2700 Punkten und mehr. Inwieweit können Sie Schwächen Ihres Programmes selbst noch beurteilen?
SMK: Ich habe auch Partien von Shredder, die hat er verloren und ich weiß nicht, warum er die verloren hat. Es wäre schon ganz gut, wenn mir jemand sagen könnte: "In der Stellung darf man nie c6 spielen."
SC: ... da würde es wahrscheinlich Sinn manchen, großmeisterliche Hilfe hinzuzuziehen ....
SMK: .. ja, klar.

SC: Wie sieht im allgemeinen der Prozeß der permanenten Leistungsverbesserung aus?
SMK: Da schaut man sich die Partien an, wo er schlecht gespielt hat und versucht, sie auszumerzen. Und der andere Teil ist, wenn ich die Suche verbessere, denke ich mir Algorithmen aus, wo ich sagen kann, der Zug ist schlecht. Da kann ich den Baum dann abschneiden. Das bringt nichts mehr. Der zweite Punkt ist die Bewertung: "Da darf man nie c6 spielen." Da drehe ich dann an den Parametern herum, oder füge irgendwas Neues ein. Und zur Taktik mache ich halt Tests, ob er irgend etwas schneller findet.

SC: Hat sich Ihre Einstellung zum Schachspiel verändert?
SMK: Schach ist jetzt mein Beruf geworden. Aber irgendwie bin ich auch schachsüchtig. Ich liebe ja Schach. Ich liebe Schachspielen, sonst könnte ich das nicht machen. Ich mag mich gerne damit beschäftigen. Aber selber spielen ... früher hatte ich Lust meine Spielstärke zu steigern. Jetzt habe ich manchmal Lust zum Blitzen.
SC:
SMK: Das Problem beim selbst spielen ist auch: Ich bin noch als Stammersatzspieler bei uns im Verein gemeldet. Ich spiele aber nie. Wenn die ein Aufstiegsspiel haben, sage ich, spiele ich mal mit. Dann rufen sie mich an. " Kannst du spielen?" "Nee, ich habe keinen Bock." Ich arbeite nur an Schach und so habe ich in meiner Freizeit doch genug von Schach. Nur Schach ... . Meine Frau hat eh nicht viel von mir, wenn ich Streßphasen habe, wie jetzt mit dem PocketFritz. Da kann ich nicht sagen, am Wochenende machen wir Mannschaftskampf, wir fahren nach Solingen. Das kann ich nicht bringen. Das will ich auch nicht bringen.

SC: Was machen Sie, wenn Sie nicht Schach spielen?
SMK: Reisen. Wenn ich nicht arbeite, fahren wir meistens weg. Wenn ich arbeite, dann meist sieben oder sechs Tage die Woche. Von morgens bis abends. Dann nehme ich mir auch eine Woche frei, früher noch drei Monate. Das kann ich heute nicht mehr. Berühmt ist unsere Hochzeitsreise nach Tibet und Australien - drei Monate; vier Wochen Thailand, jetzt zwei Wochen New York im September.

SC: Spielen Sie Fernschach?
SMK: Nein, habe ich früher aber. Mit sechzehn habe ich gespielt und es hat mir viel gebracht.

SC: Wie ist es um die Zukunft des Schachs bestellt?
SMK: Viele sagen, wenn der Computer besser ist als der Mensch, was ja in ein paar Jahren der Fall sein wird, ist Schach vorbei. Das sehe ich allerdings gar nicht so. Es gibt Taschenrechner, es gibt Hilfsmittel, Computer, Textverarbeitung. Man muß Schachprogramme als Hilfsmittel sehen, nicht als potentielle Konkurrenten. Man hat den PocketFritz in der Tasche, etwas, was dann die Fragen beantwortet zu Schachstellungen. Die hätte man vorher nie beantwortet bekommen. Das bringt das eigene Schach auch weiter. Man muß nicht den stärksten im Club fragen, der vielleicht auch keine Antwort weiß. Eine Antwort wie: "Das geht nicht wegen Db3+".
SC: .... das ist eher etwas positives für das Schach ...
SMK: Die ELO-Zahlen werden immer besser. Früher hatten starke Großmeister 2600, Weltmeister 2700. Heute ist das alles 100 Punkte besser. Vielleicht liegt dies an den Datenbanken und Schachprogrammen.
SC: .... das könnte aber auch an der steigenden Anzahl der erfaßten Schachspieler und der hieraus resultierenden Ausweitung der zugrundeliegenden Verteilung in die Extremwerte liegen ...
SMK: ich sehe eher die Hilfe des Computers für Schachinteressierte ....
SC: und die Perfektionierung der Rechner ist eher eine Hilfe die Freude am Schachspielen zu vergrößern ....
SMK: Nehmen wir ein Endspiel, einen Fünfsteiner. Der Rechner kann jetzt sagen, wie ich das gewinne, wie kann ich das verteidigen oder wo habe ich jetzt den Fehler gemacht, daß es nicht mehr gewonnen war. Das ging vorher nicht. Viele Endspielstudien sind einfach falsch.
SC: Ist das förderlich?
SMK: Wenn man sich blind darauf verläßt, ist es eher hinderlich. Das hängt von jedem selber ab, wie er das nutzt. Ist das Auto hinderlich für den Menschen, oder nicht? Man kann schnell irgendwo hinfahren. Wenn man es zuviel benutzt, wird man dicker und fetter.

SC: Was kann man für die Popularität des Schachspiels tun?
SMK: Ich denke, wenn man sich über das Schachspiel Sorgen macht, soll man bei den kleinen Kindern anfangen. Das ist der Nachwuchs. So wurde es in Rußland früher auch gemacht. In der Schule haben die Schach gelernt. Dann gab es die Schach-Akademien und gute Schachspieler. Das ist wie ein Kreislauf. Dann gibt es auch Nachwuchs. In Holland Timman oder Fischer in den USA haben einen Boom ausgelöst. So wie ich das sehe, gibt es das in Deutschland nicht: Spieler, mit denen man sich identifizieren kann. Von denen man sagt, ich möchte so sein wie der. Es ist schwer wieder hereinzukommen, wenn man aus einmal dem Kreislauf heraus ist.

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